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4 F o k u s Schulblatt Thurgau 6 • Dezember 2013







































Der Unterricht steht vor der Aufgabe, mit der religïsen Pluraliẗt so umzugehen, .
Bild: Stefan Maurer


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Schulischer 

trug deren Anteil im Jahr 1980 1,6%, so sind es im Jahr 2010 
rund 16%. Weil die Scḧlerschaft auch in religïsen Fragen 
Religionsunterricht ebenso durchmischt ist wie die Gesellschaft als Ganzes, kann 

nicht mehr von eindeutigen konfessionellen Pr̈gungen oder 
ist anspruchsvoll
einem breiten Bestand an religïsem Wissen einer bestimmten 

Tradition ausgegangen werden. Die Vielfalt von Glaubensein- 
stellungen wirkt sich nicht nur auf den vertrauten heimatlichen 

Kontext aus, sondern auch auf die Schule und ihre Modelle des 
Religionsunterrichts. In einem Bericht ̈ber die Entwicklung des 
Das Panorama des schulischen Religionsunterrichts Thurgauer Bildungswesens von 2013 heisst es deshalb ganz 

ist in den vergangenen Jahren deutlich bunter ge- zu Recht: «Die kulturelle Zusammensetzung einer Schulklasse 
kann den Schulalltag bereichern, aber auch erschweren – auf 
worden. Denn die Gesellschaft ist auch in religïsen 
jeden Fall beeinflusst sie den Unterrichtsprozess.» Demzufolge 
Fragen inzwischen weit vielf̈ltiger als noch vor we- steht der Religionsunterricht in der Schweiz vor der grundlegen- 

nigen Jahrzehnten.
den Aufgabe, mit der religïsen Pluraliẗt m̈glichst so umzuge- 
hen, dass Kinder und Jugendliche diese nicht als Bedrohung, 
sondern als bereichernden und positiven Faktor f̈r ihr Zusam- 
Prof. Dr. Thomas Schlag, Theol. Fakulẗt, Universiẗt Z̈rich
menleben erachten. Wie muss ein solches Schulfach konzipiert 
sein, damit es diese Anforderungen erf̈llt? Betrachtet man ak- 
I
tuell die unterschiedlichen kantonalen Modelle des Religions- 
m Jahr 2010 geḧrten 75% der Thurgauerinnen und unterrichts, so fallen zwei Dinge auf: Zum einen wird mehr und 

Thurgauer der evangelisch-reformierten (37 %) oder der mehr auf eine Art informierende Religionskunde gesetzt, zum 
r̈misch-katholischen (33 %) Kirche an. Gegen̈ber dem
anderen kommt es zu einer deutlichen institutionellen Trennung 
Jahr 1970 ist dieser Anteil deutlich gesunken: damals betrug zwischen staatlicher und kirchlicher Bildung. Durch die Rede von 

er knapp 98%. Der muslimische Anteil der Bev̈lkerung er- einer staatlichen Neutraliẗt wird versucht, das Thema Religion 
ḧhte sich von 0,4% im Jahr 1970 auf 5,8% im Jahr 2010. m̈glichst objektiv zu lehren. Auch die Lehrpersonen sollen ihre 

Auch zur Gruppe der ̈brigen protestantischen Kirchen und Ge- pers̈nliche Einstellung zum Thema Religion m̈glichst nicht zum 
meinschaften, also vor allem Freikirchen, geḧrte im Jahr 2010 Vorschein bringen. Bei manchem religionskundlichen Lehrplan 
ein deutlich gr̈sserer Bev̈lkerungsteil als zwei Jahrzehnte der Schweiz gewinnt man nun allerdings den Eindruck, als ob 

zuvor. Stark ist die Zahl jener Thurgauerinnen und Thurgauer die vorhandenen religïsen Meinungen, Vorurteile und Konflikte 
gestiegen, die keiner Religionsgemeinschaft angeḧren: Be-
bewusst aus dem Klassenzimmer verbannt werden sollen und





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